Unser Stiftungsfest 2023

Der Zustand unserer Demokratie – Anforderungen an die politische Bildungsarbeit

Zum diesjährigen Stiftungsfest war als Stiftungsrednerin Sibylle Thelen, Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, nach Freudental gekommen. Sie wurde vor dem zahlreich erschienen Festpublikum herzlich begrüßt von Bürgermeister Albrecht Dautel, dem Vorsitzenden des Vereins Pädagogisch-Kulturelles Centrum Ehemalige Synagoge Freudental (PKC). Er stimmte die Versammelten ein auf die Veranstaltung, indem er die beiden großen Lernziele unserer Vereinsarbeit hervorhob, nämlich „Demokratie und Toleranz zu erlernen“.

BM Albrecht Dautel, Vorsitzender des PKC

In ihrer Stiftungsrede erläuterte Frau Thelen zunächst, dass aktuell nur 13% der Weltbevölkerung in einer funktionierenden Demokratie leben, 17% in einer defekten Demokratie und die Mehrheit von 70% entweder in Autokratien (welche sich oftmals nach außen einen demokratischen Anstrich geben) oder Diktaturen. Wir sehen als Krisenzeichen der Demokratie, dass die Bindekräfte von Parteien, Kirchen, Vereinen und Gewerkschaften nachlassen und dass vorwiegend Bessergestellte wählen gehen. Es fällt auf, dass die Öffentlichkeit im Analogen zerfällt und dass zeitgleich im Internet Hass und Hetze kursieren, weil die Menschen in Blasen unterwegs sind, die sich selbst verstärken. 31% der Bundesbürger denken, in einer Scheindemokratie zu leben.

Demokratie muss also tagtäglich gelernt und gelebt werden, denn dadurch erwirbt man sich Konfliktfähigkeit. Die politischen Bildung kann aufzeigen, dass Demokratie das bessere System ist, weil in Demokratien die Bildung stärker gefördert und die Geschichte besser aufgearbeitet wird sowie das Leben insgesamt freier gestaltet werden kann. Wir sehen im Rückblick, dass vor 90 Jahren der Abbau der Demokratie durch die Mehrheit der NSDAP in einer rasenden Geschwindigkeit bewerkstelligt worden ist. Es ist unsere Aufgabe, daran zu erinnern und daraus zu lernen. Wenn also heute Bürger (w/m/d) nurmehr als Kunden oder Konsumenten betrachtet werden, wird dadurch das demokratische System ausgehöhlt.

Da unsere Freiheit immer auch bedroht bleibt, müssen wir uns wieder und wieder dieser Herausforderung stellen. Aber welchen Beitrag können wir als einzelne leisten? Hier zitierte die Rednerin einige Lektionen aus dem Buch „Über Tyrannei“ von Timothy Snyder; drei davon sollen exemplarisch genannt werden:

  • Sei so mutig wie möglich!
  • Verteidige Institutionen!
  • Nimm Blick auf und unterhalte Dich mit anderen!

Umrahmt von der virtuosen Musik der „Jugend musiziert“ – Preisträger (w/m/d) aus der Musikschule Besigheim – Felice Ljepojevic, Finn Ljepojevic und Annika Pauer an der Klarinette sowie Lisa Deisinger am Klavier – ging der erste Teil des Stiftungsfests in der Schönenberghalle zu Ende und die Besucherinnen und Besucher strömten zur ehemaligen Synagoge.

Finn Ljepojevic und Lisa Deisinger

Dort wurden sie vom PKC-Team mit heißen Getränken und Snacks erwartet, im Hof waren Feuerschalen aufgestellt und in der Synagoge hingen Drucke und Radierungen zum Leben von Adolf Herrmann. Die Ausstellung „GRAPHIC NOVEL ADOLF“ ist von der Profilklasse Bildende Kunst unserer Partnerschule Helene-Lange-Gymnasium Markgröningen im vergangenen Halbjahr erstellt worden.

Anregende Gespräche bei heißen Getränken
Vorstand und Geschäftsleitung des PKC mit der Referentin Sibylle Thelen
Radierungen zu den nachempfundenen Emotionen von Adolf Herrmann
Anregende Gespräche im Hof der ehemaligen Synagoge

Dietmar Bastian von der Bietigheimer Zeitung hat über unseren Festakt berichtet, hier finden Sie seinen Artikel „Demokratie steht und fällt mit den Menschen„.