Dem Leben von Adolf H. nachspüren

In einem zweitägigen Seminar mit der Theatertherapeutin Marlene Tritschler haben sich Elftklässler (w/m/d) aus der Ludwigsburger Oscar-Walcker-Schule fortgebildet, emotionale Zugänge zu der Geschichte und den Personen aus den 30er Jahren gesucht und z.B. Standbilder eingeübt, um in einem Multimedia-Projekt virtuell die Geschichte des Freudentaler Jugendlichen Adolf Herrmann nachzuerzählen. In mehreren „Posts“ sollen Stationen seiner Kindheit in Freudental, seiner Flucht und schließlich seines Todes im KZ Auschwitz erzählt werden.

Am ersten Tag fanden kreative Auseinandersetzungen mit fächerübergreifenden Begriffen (z.B. „Marginalisierung“,  „Menschenrechte“ und „Migration“) statt; damit sollten die Jugendlichen auf spielerische Weise Zusammenhänge zwischen den theoretischen Begriffen herstellen können, um sich die Definitionen (die im Schulalltag immer wiederkehren) besser einzuprägen.

„Dafür hätte man zehn Unterrichtseinheiten gebraucht“, war das Fazit der begleitenden Lehrerin Christina Herrmann, bevor die Schüler (w/m/d) nachmittags intensiv eintauchten in die Lebensgeschichte von Adolf Herrmann und den jüdischen Alltag in Freudental während der Nazizeit. Beim Ortsrundgang kamen viele neugierige und aufgeweckte Fragen!

Am zweiten Tag gelang es der Gruppe, durch Theaterübungen emotionale Zugänge zu Adolf Herrmann und seiner Lebensgeschichte zu finden: Gemeinsam wurden Körperhaltungen und Gangarten zu verschiedenen Gefühlen ausprobiert (z.B. traurig, fröhlich, ängstlich, mutig, machtlos, unterdrückt, unterdrückend..). Das Einfühlen und Nachempfinden wurde damit einfacher gemacht, denn „künstlerische Methoden dienen als Zugang zu dem geschichtlichen Material, jedoch sollten wir respektvoll und wertschätzend mit der realen Lebensgeschichte umgehen und uns nicht anmaßen zu wissen, wie das Erlebte für die Beteiligten wirklich war“. So der Input der Referentin.

Nun folgte eine künstlerische Auseinandersetzung mit Adolf Herrmanns Lebensgeschichte, indem Stationen aus seinem Leben nachgelesen (vergleiche hierzu die Publikation von Steffen Pross: Adolf. Bruchstücke einer deutschen Jugend), Texte (als Brief oder Tagebucheintrag) verfasst sowie Standbilder entwickelt wurden. Bei der gegenseitigen Präsentation der Standbilder und Texte in chronologischer Reihenfolge konnten die Jugendlichen Adolfs Erfahrungen selbst genauer betrachten bzw. sogar „Durchleben“.

Zum Abschluss gab es auch eine Frage nach der Fortsetzung, denn die Oscar-Walcker-Schule wird im kommenden Schuljahr einen an diese Erfahrung anknüpfenden Seminarkurs anbieten. Einige Jugendliche freuen sich bereits darauf, dann wieder ins PKC zu kommen! Trotz der insgesamt eher ungewohnten Arbeitsweise hat sich die Gruppe, die übrigens mehrheitlich aus Jungen bestand, engagiert und fröhlich auf das gesamte Projekt und den theaterpädagogischen Ansatz eingelassen.