Jüdischer Friedhof und Digitalisierung

Beit Olam – Haus der Ewigkeit

Nach der Zerstörung des ersten jüdischen Friedhofs im Alleenfeld 1810 wurde am Fuße des Seebergs das zweite „Haus des Lebens“ angelegt. Die 436 Grabsteine haben zwei Jahrhunderte und sogar die zwölf Jahre der Nazi-Zeit überdauert und sind die ältesten sichtbaren Zeugnisse deutsch-jüdischer Kultur in Freudental. Sie öffnen die Tür zu einer Welt, die nicht mehr ist und erzählen von Menschen, die hier jahrhundertelang in Treue zur jüdischen Religion, Kultur und Tradition gelebt haben.

Jewish Cemetery and Digitization: Beit Olam – House of Eternity. After the destruction of the first Jewish cemetery in Alleenfeld in 1810, the second „House of Life“ was built on the Seeberg. The 436 tombstones have survived two centuries and even the twelve years of the Nazi era and are the oldest visible evidence of German-Jewish culture in Freudental. They open the door to a world that is no more and tell the stories of people who have lived here for centuries.

The Jewish cemetery is both a legacy and a task, because knowledge of the religious significance and the fundamentals of religious law helps us to better understand what is foreign in the Jewish religion. The graves in Jewish cemeteries are not being cleared, the tombstones weather and decay. They are saved from being illegible and forgotten in the documentation “The Jewish Cemetery in Freudental”. In spring 2020, the documentation of the Jewish cemetery in Freudental, which was published in 1996, was revised, corrected, supplemented and included in „epidat“ – an epigraphic database. For this purpose, 436 inscriptions from the years 1811-1946 were digitized. Since the last contemporary witnesses will soon no longer be able to be questioned themselves, digitizing the cemetery book is a logical step in coming to terms with our history. This secures the data for future pedagogical work, i.e. also makes it valuable for up-to-date in-depth study of the content with pupils and students from different countries.

Der jüdische Friedhof ist Erbe und Aufgabe, denn das Wissen um die religiöse Bedeutung und religionsrechtlichen Grundlagen hilft uns, das Fremde in der jüdischen Religion besser zu begreifen. Die Grabsteine und deren Symbole öffnen den Zugang zu Inhalten jüdischen Glaubens und jüdischer Bräuche. Wie ein Mahnmal steht der von Moos und Gras überwachsene, steinlose Teil des Friedhofs – er zeigt an, dass viele durch Vertreibung und Deportation nicht ihre letzte Ruhestätte an diesem guten Ort finden konnten.

Die Gräber auf jüdischen Friedhöfen werden nicht abgeräumt, die Grabsteine verwittern und verfallen. Vor der Unleserlichkeit und vor dem Vergessen bewahrt sind sie in der Dokumentation „Der Jüdische Friedhof in Freudental“.

Sie können unter Pädagogik eine Führung buchen, aber auch den Schlüssel zum Besuch des jüdischen Friedhofs gegen ein Pfand in der PKC-Geschäftsstelle oder auf dem Freudentaler Rathaus erhalten.


Digitale Dokumentation des Jüdischen Friedhofs in Freudental

durch Nathanja Hüttenmeister M.A. und Anna Martin M.A.

vom Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte
an der Universität Duisburg-Essen

Im Frühjahr 2020 wurde die 1996 erschienene Dokumentation des jüdischen Friedhofs Freudental überarbeitet, korrigiert, ergänzt und in „epidat“ – die epigraphische Datenbank – aufgenommen. Dafür wurden 436 Inschriften aus den Jahren 1811-1946 digitalisiert und eingepflegt unter http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=fre.

Viele Besucherinnen und Besucher kommen aus der ganzen Welt an den Wohnort ihrer jüdischen Vorfahren. Sie recherchieren natürlich zuerst im Internet. Für die Nachfahren als auch für die Nachwelt ist dieses Projekt etwas ganz Besonderes, weil das PKC damit einerseits mehr Interessentinnen und Interessenten erreicht und andererseits auch das Auffinden der Verwandten vereinfacht. Weiterhin werden Forschung und wissenschaftliche Weiterarbeit am württembergischen Landjudentum in exemplarischer Weise ermöglicht bzw. erleichtert.

Da die letzten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen bald gar nicht mehr selbst zu befragen sein werden, ist die Digitalisierung des Friedhofsbuchs ein logischer Schritt in der Aufarbeitung unserer Geschichte. Damit werden die Daten für die künftige pädagogische Arbeit gesichert, also auch für die zeitgemäße inhaltliche Vertiefung mit Schülerinnen, Schülern und Studierenden aus verschiedenen Ländern wertvoll gemacht.

Alter Friedhof

Neuer Friedhof

Diese Projekt wurde möglich durch die großzügige Förderung.

Schändung des jüdischen Friedhofs in Freudental

In der Nacht zum 02.10.2007

Was in der Nacht vom Montag 01. Oktober zum Dienstag 02. Oktober 2007 in Freudental geschah, ist ein tiefer Schock für uns alle – für die Gemeinde Freudental, für die Mitglieder des Vereins Pädagogisch-Kulturelles Centrum Ehemalige Synagoge Freudental und überhaupt für alle, die sich seit Jahren um Frieden, Toleranz und Demokratie bemühen.

Diese gewalttätige, von irrationaler Wut und abgründigem Hass geprägte Aktion, erfüllt uns alle mit Schrecken, Scham und mit großer Trauer. Wenn nicht einmal die Toten in Frieden gelassen werden und wenn die Steine eines Friedhofs nicht mehr vom vergangenen Leben reden und zeugen dürfen, dann sind wir alle mit betroffen.

Die Mitglieder des Vereins versichern den jüdischen Bürgern in unserem Land sowie den jüdischen Nachfahren aus Freudental in Argentinien, Belgien, England, Holland, Israel, Mexiko und USA ihr tiefes Mitgefühl und ihre Solidarität.

Wir werden in unserer Anstrengungen für Toleranz, Demokratie und Frieden nicht nachlassen.

Für den Vorstand, das Kuratorium und die Mitglieder des Pädagogisch-Kulturellen Centrum Ehemalige Synagoge Freudental

Dorothea Margenfeld, 1. Vorsitzende
Ludwig Bez, Geschäftsleiter
 


Hier gibt es einen Film von 9’20 Länge aus dem Oktober 2007, der das Ausmaß der Schändung und Zerstörung, aber auch die Renovierung der Steine und die große Anteilnahme der Bevölkerung und Politik zeigt. Das Passwort für den Film lautet „Oktober2007“.

Demnächst finden Sie an dieser Stelle auch eine Liste aller auf dem Friedhof Begrabenen in alphabetischer Reihenfolge mit Name, Vorname, Geburtsdatum, Sterbedatum und Grabnummer.