Zur politischen Geschichte des Nahen Ostens

Materialien zum Vortrag von Matthias Hofmann, Historiker, Orientalist und Oberstleutnant der Reserve

Aus aktuellem Anlass hatte das PKC am 26. November 2023 als Referenten Herrn Matthias Hofmann eingeladen, der einen Überblick über den Überfall der Hamas-Terroristen und den Kriegsbeginn im Gaza-Streifen gab und die aktuelle Entwicklung auch historisch verortete. Wir haben uns gefreut, mehr als 100 Gäste an diesem Abend zu einem sehr spannenden Vortrag und zu einer ausgedehnten Fragerunde in der ehemaligen Synagoge begrüßen zu dürfen. In diesem Artikel werden schlaglichtartig einige Themen aus dem Vortrag angesprochen, daran anschließend finden Sie bei Interesse weiterführende Informationen.

Historian and orientalist Matthias Hofmann discussed the Hamas terrorist attack and the start of the war in the Gaza Strip in November 2023 to inform a numerous public of more than 100 persons! He explained Israeli history to give some insight in the very complicated conflict situation. When Israel was founded in 1948 well educated Jewish immigrants could help to create a state while on the opposite side only a small elite was on the Palestinian side and not interested in gouvernmental structures. The aim of Hamas, a terrorist group, is to kill Jews through armed jihad. Since a long time, the Gaza Strip, a heavily populated region reliant on Israel, is facing a precarious situation due to its financial dependence on the Israelis. The conflict involves various international parties, including Hezbollah, Iran, the Arab League, China, Qatar, the USA, and Saudi Arabia.

Die Staatsgründung Israels konnte 1948 deshalb so rasch durchgeführt werden, weil es viele auch politisch gebildete jüdische Einwanderer aus europäischen Ländern gab – auf der palästinensischen Seite gab es nur eine kleine Bildungselite, die keine demokratischen Ziele verfolgte. Gleich nach der Staatsgründung griffen alle arabischen Nachbarstaaten das neue Land an, Israel gewann jedoch bisher alle darauffolgenden Kriege. Nach dem Sechstagekrieg 1967 begann die Zersiedlung der besetzten Gebiete durch befestigte Kibbutzim.

Das erklärte Ziel der Hamas ist, Juden zu töten und zwar mit dem bewaffneten Djihad. Mit dem Überfall vom 7. Oktober 2023 will die etwa 50.000 Kämpfer starke Terrorgruppe das israelische Militär in den für den Häuserkampf bestens vorbereiteten Gaza-Streifen locken – wo voraussichtlich sehr viele israelische Soldaten sterben werden. Gleichzeitig werden durch die israelischen Luftangriffe in Gaza massenhaft Bilder erzeugt, die ein schlechtes Bild auf Israel werfen. Gaza selbst hat keine Industrie und ist insgesamt abhängig von Israel sowie von finanzieller und materieller Unterstützung aus dem Ausland, deshalb ist die Lage dort mehr als prekär.

Es gibt mit der schiitischen Hisbollah, dem Iran, der Arabischen Liga, China, Katar, den USA und Saudi Arabien sehr viele und zum Teil weltweit agierende interessierte Parteien in diesem Krieg. Die westliche Welt hat jedoch oft auch weggesehen, wenn UN-Resolutionen von Israel nicht beachtet wurden, so z.B. der Beschluss gegen den Siedlungsbau in der „West Bank“ 2016, welcher nicht durchgesetzt wurde. Ein Vorzeichen oder eine Generalprobe für den jetzigen Krieg war schon bei Gewalttaten in Israel im Jahr 2021 zu beobachten, als arabische Israelis zu Lynchmorden gegen jüdische Israelis aufriefen.

WEITERGEHENDE INFORMATIONEN: Herr Hofmann hat uns sein Skript zur Verfügung gestellt, dieses finden Sie hier:

Vor einem Jahr, im November 2022, hat Matthias Hofmann einen Online-Vortrag über „Das Heilige Land und seine Dauerkrise“ für Studierende der Universität Münster gehalten.

Im Oktober und November 2023 hatte unser Referent für die Volkshochschule Reutlingen vier ausführliche Podcasts aufgenommen (insgesamt 4,5 Zeitstunden), die Sie hier nachhören können:
Die Geschichte des Nahen Ostens (1/4) – Der erste Teil der Mini-Serie beginnt im 19. Jhdt und berichtet von der Umverteilung des Nahen Ostens durch die westlichen Kriegsparteien des 1. Weltkriegs, der Gründung der Arabischen Liga, der Proklamation des Staates Israel nach dem 2. Weltkrieg und dem ersten Vorschlag einer Zweistaatenlösung, den die UN 1947 vorbrachte.
Die Geschichte des Nahen Ostens (2/4) – Teil 2 dieses geschichtlichen Überblicks führt vom ersten Israelisch-Arabischen Krieg im Jahr 1948 bis zur Jahrtausendwende als eine Entspannungspolitik zwischen Israel und Palästina jäh von nationalen Kräften und der zweiten Intifada zerstört wurde.
Die politische Geschichte des Nahen Ostens (3/4) – In Teil 3 wird der Zusammenbruch der Friedensbewegung in der zweiten Intifada der Hamas thematisiert und sodann über die Umbrüche in der Regierung Israels und die ersten Gaze-Kriege bis hin zu Trumps Idee eines Nahostfriedensplans gesprochen. 
Die politische Geschichte des Nahen Ostens (4/4) – Im Mittelpunkt des Teils 4 stehen die letzten 3 Jahre bis hin zur Kriegserklärung Israels am 8. Oktober 2023. Matthias Hofmann spricht über den Gazakrieg 2021, die aktuellen Regierungen, die Tagespolitik und die letzten Wahlen in den betroffenen Ländern, die momentanen Aussichten für eine Zwei-Staaten-Lösung und welche Positionen die umliegenden Staaten (insbesondere die Türkei, der Iran und Ägypten) in der aktuellen Lage einnehmen.

Ein besonderer Tipp am Ende des Vortrags (und des Skripts) verweist auf die arte-Produktionen „Mit offenen Karten“, welche politische und gesellschaftliche Themen weltweit anhand von Karten in etwa 15-minütigen Videos sehr gut zusammenfassen. Hier ist der Link zur aktuellen Folge über den Nahostkonflikt und hier zu einer Folge aus dem Oktober 2022 über Palästina.