Joseph Süss Oppenheimer – Person, Prozess und Tod

Bericht von der PKC-Tagesexkursion am 24. Juni 2023

ENGLISH SUMMARY: The PKC day excursion centered around Joseph Süß Oppenheimer, exploring significant locations tied to his life and his unjustified execution. Participants gained insights into Oppenheimer’s biography, his tenure at the Württemberg court, and the political backdrop of his tragic fate. The objective was to provide an authentic understanding of Oppenheimer’s story, free from myths and biases. The itinerary encompassed visits to his residence, former prison, business establishments, and the site of his public execution.

Über die Jahrhunderte hinweg ist die Erinnerung an Joseph Süß Oppenheimer lebendig geblieben. Sein Schicksal fand Eingang in die Literatur, wurde im Film und auf der Opernbühne immer wieder aufgegriffen und neu gedeutet, auch in unterschiedlichster Absicht instrumentalisiert. Hinter diesen von Mythen und Vorurteilen geprägten Bildern ist die reale Person und die wahre Geschichte fast verschwunden. Mit dem Besuch der wichtigsten mit dem Schicksal Oppenheimers verbundenen Orten und den dort eindrücklich vorgetragenen Quellentexten wollten wir die Person Joseph Süß Oppenheimer (im Folgenden abgekürzt JSO) von Legenden befreit darstellen und so ein authentisches Bild Oppenheimers, seiner Jahre am württembergischen Hof und des an ihm begangenen Justizmords entstehen lassen.

Morgens begrüßte Isolde Kufner, Leiterin der Geschäftsstelle des PKC, die 34 Teilnehmenden am Eingang des Blühenden Barock. Dr. Gudrun Emberger führte durch den Tag – die Historikerin beschäftigt sich seit langem mit JSO. Die Sprecher Florian Ahlborn und Anja Rambow lasen aus den Originalquellen an den verschiedenen Stationen des Lebens und Wirkens von JSO. Dieses bewährte Team hat die Tour seit 2004 insgesamt schon vier Mal für das PKC durchgeführt.

Die erste Station war in der Mömpelgardstraße 18, dem Wohnhaus von JSO. Hier wurden wir in die Biographie Oppenheimers eingeführt und von den Eigentümern vor dem Haus herzlich begrüßt.

Auf dem Weg zur zweiten Station kamen wir am ehemaligen Zucht- und Arbeitshaus in der Schorndorfer Str. 28 – 38 vorbei, in dem Luciana Fischer, die Geliebte des Süß, inhaftiert gewesen war. Auf der anderen Seite des Schlosses, nämlich unter der Adresse Kaffeeberg 10 / Ecke Eberhardstraße 28, durfte JSO Kaffee, Tee und Wein ausschenken sowie Glücksspiele veranstalten.

Im Schlosshof wurde anschließend die politisch heikle Situation in Württemberg nach dem Regierungsantritt des katholischen Herzogs Karl Alexanders, seine Geschäftsbeziehungen zu Joseph Süß Oppenheimer, des Herzogs Tod und die Verhaftung Oppenheimers thematisiert. Die Teilnehmenden machten es sich dafür teils auf den mitgebrachten Klappstühlen im Schatten gemütlich.

Mit dem Bus fuhr die Gruppe weiter zum Hohenasperg, wo uns ein Picknick mit Aussicht erwartet hat. Frisch gestärkt ging es weiter zum Hohenasperg, wo Süß acht Monate seiner Haft verbrachte. Im Museum wird eine besondere Schraubmedaille gezeigt, in der die Geschichte Oppenheimers enthalten ist – eines der vielen „Andenken“, die man zur Erinnerung an seine Hinrichtung im Jahr 1738 kaufen konnte. Die Lesung aus den Briefen des Festungskommandanten Glaser zeigte die Persönlichkeitsveränderung des JSO von einem selbstbewussten Mann zu einer gebrochenen Figur.

Picknick auf dem Hohenasperg

Nach der Busfahrt bis in die Stadtmitte von Stuttgart begrüßten Veronika und Dr. Michael Kienzle die Gruppe in der Stiftung Geißstraße. Die beiden stellten das Projekt „Ein Platz für Joseph Süß Oppenheimer“ vor, bevor die letzten Tage Oppenheimers und das „Spektakel“ seiner Exekution vor Tausenden von Schaulustigen erläutert wurden. Anschließend nahm die Gruppe die „besondere Lage“ dieses Platzes in Augenschein.

Vorbei am Börsenplatz, wo früher sein Stuttgarter Wohnhaus gestanden ist, ging es mit dem Bus weiter zum Galgenbuckel – wo JSO im Jahr 1738 vor Tausenden von Zuschauern als Opfer eines Justizmordes hingerichtet wurde. Hier berichtete uns Harry Walter von einer Veranstaltungsreihe in den Jahren 2013 bis 2016, mit der dieser vergessene Ort wieder ins Gedächtnis zurückgerufen wurde. Heute zeugt ein vergoldeter Haken am Trockenplatz und eine Gedenktafel von der Tatsache, dass JSO hier am Galgen aufgehängt wurde. Ein letztes Mal sprachen die Quellen: Die Teilnehmer erfuhren, wie die Süßischen Mobilien versteigert wurden, wie eine extra geschaffene Behörde 35 Jahre damit beschäftigt war, das Vermögen Oppenheimers genau zu inventarisieren, zu versteigern und zu verwalten.

Nach Abschluss, Dank und offizieller Verabschiedung fuhr die Gruppe zurück zum Ausgangsort Ludwigsburg. Das PKC wird weitere Tagesexkursionen anbieten, die nächste wird am 22. Oktober 2023 nach Plochingen führen, wo uns Pfr. Dr. Joachim Hahn „Friedensreich Hundertwasser und die Einflüsse der jüdischen Herkunft auf sein Werk“ näherbringen wird.