STUDIERENDE TAUCHEN AB IN EIN ANDERES UNIVERSUM

Die Stille im makellos weißen Raum der „Schul“ wirkt auf den ersten Blick wie ein unbeschriebenes Blatt Papier, das darauf wartet, beschrieben zu werden. In der Mitte des Raumes liegen die Jonglierbälle als stille Zeugen der vergangenen vier Tage des Kompaktseminars, das nun zu Ende ist. Die Abwesenheit von Menschen und Gesprächen macht diesen Ort umso interessanter, denn das gibt Raum für Gedanken und Reflexionen über die Erfahrungen und Erkenntnisse, die hier gemacht wurden.

Der letzte Tag des intensiven Kompaktseminars der Studierenden der Pädagogischen Hochschule startete wie gewohnt, mit dem unverwechselbaren Geräusch von fallenden und aufprallenden Jonglierbällen sowie Gelächter. Sicherlich fragen Sie sich, ob die Teilnehmer zum Ende des Seminars das Jonglieren beherrschten. Ich kann Ihnen nur eine Antwort darauf geben: Jeder einzelne der Teilnehmer (w/m/d) hat auf seine eigene Art und Weise jongliert. Manche mit zwei Bällen, andere mit dreien. Doch das war nicht das Entscheidende. Vielmehr ging es darum, dass jeder Teilnehmer (w/m/d) seine persönliche Herausforderung annahm und sich bemühte, sein Bestes zu geben. Das Jonglieren war nicht nur eine praktische Fähigkeit, sondern auch eine Metapher für das Leben selbst, die jeder für sich interpretieren durfte. Und nun, kommen Sie mit in ein nicht geheimes paralleles Universum, genauer gesagt, das der Wikipedia:

Nach den vier Tagen des Kompaktseminars blieben den Studierenden eine Fülle von Erfahrungen und Erkenntnissen, die es zu reflektieren gilt. Eines der zentralen Themen war das Verfassen von Wikipedia-Artikeln, die nicht nur korrekt, sondern auch informativ sein sollten. Anfangs arbeiteten die Studierenden konzentriert und fokussiert an ihren Artikeln weiter, verfassten sorgfältig neue Artikel oder ergänzten bestehende. Sie konnten sich glücklich schätzen, dass es im Themenfeld „Jüdische Geschichte in Freudental“ kaum bis keine Artikel bei Wikipedia gab.

Die Wikipedia ist ein ganz besonderes, paralleles Universum, in dem Grundprinzipien und Richtlinien beachtet werden müssen, um einen neuen Artikel zu verfassen, der zuletzt auch Bestand haben sollte. In diesem Universum gibt es keine Hierarchie, jeder kann sich beteiligen und Artikel erstellen oder bearbeiten. Aber es gibt klare Regeln, die befolgt werden müssen. Beispielsweise soll jeder Artikel neutral formuliert und mit zuverlässigen Quellen belegt sein. Diese Quellen zeigen an, welche Materialien für die Erstellung oder inhaltliche Überarbeitung des Artikels genutzt wurden, und unterstützen die Aussagen im Artikel. Die Veröffentlichungen von Herrn Dr. Joachim Hahn und die Publikationen des PKC dienten dabei als wichtige Quellen.

Auch an diesem Tag standen den Studierenden die Wikipedianer zur Seite, die mit wertvollen Tipps und Hinweisen unterstützten. Ein aufmerksamer Wikipedianer machte die Studierenden auf eine besondere Gegebenheit aufmerksam, nämlich die des Standortes. Am PKC konnten sie vor Ort Fotos machen und somit besaßen sie das Urheberrecht an den Bildern, die sie dann in ihre Artikel einfügen konnten. Diese Fotos ermöglichten es auch, spezifische Details und Aspekte des Themas zu illustrieren und zu verdeutlichen. Allerdings sollten die Studierenden auch darauf achten, ihre Artikel nicht zu „überbildern“. Der Wiki-Experte hatte folgenden Rat: „Ihr solltet euch am besten immer ein aussagekräftiges Bild aussuchen, das auch den Inhalt des Artikels widerspiegelt. Zitate, die eventuell zu sehen sind, könnt ihr in euren Text einbauen, da dieses Zitat vielleicht nicht alle lesen können“. Insgesamt war es also wichtig, eine ausgewogene Balance zwischen Text und Bildern zu finden.

Ein weiteres Thema, das schon am Vortag diskutiert wurde, war die Relevanz. Damit ein Artikel nicht aufgrund von Irrelevanz gelöscht werden musste, war es von entscheidender Bedeutung, dass er ordentlich verlinkt und kategorisiert war. Verlinkungen ermöglichen den Lesern (w/m/d), weitere Informationen zu einem bestimmten Thema zu finden und tiefer in das Thema einzutauchen. Gleichzeitig erhöhen sie auch die Glaubwürdigkeit des Artikels. Die Kategorisierung des Artikels half dabei, ihn in den richtigen Kontext auf der Wikipedia-Plattform zu stellen. Es können auch Unterartikel erstellt werden, die den Lesern (w/m/d) die Möglichkeit bietet, tiefer in ein bestimmtes Thema einzutauchen und Informationen zu erhalten, die im Hauptartikel möglicherweise nicht detailliert genug behandelt wurden.

Daher waren die Verlinkung, Kategorisierung und Einpflegung von Unterartikeln ein letzter und entscheidender Schritt bei der Erstellung der Artikel. Diese Maßnahmen halfen dabei sicherzustellen, dass die Artikel von der Community akzeptiert und nicht wegen Irrelevanz gelöscht wurden. Die Studierenden waren aufgeregt, als die ersten Artikel offiziell auf der Webseite veröffentlicht wurden. Sie wussten, dass es oft nur Sekunden dauert, bis fehlerhafte Informationen gelöscht werden oder sogar der gesamte Artikel. Um Fehler zu vermeiden, setzt Wikipedia auf die Kontrollmechanismen der weltweiten Community und die Beobachtungsfunktion registrierter Mitglieder. Doch die Studierenden hatten Glück, denn ihre Themen wurden als enzyklopädisch relevant eingestuft und die Freude darüber war riesig. Lediglich formale Änderungen wurden von anderen Wiki-Mitgliedern vorgenommen.

Freudentaler Genisa-Funde, hier ein kleiner Stoffbeutel zur Aufbewahrung der Tefillin

Nun, da das Seminar vorbei ist, können die Studierenden stolz auf das sein, was sie erreicht haben. Sie haben nicht nur Erfahrungen in der Welt der Wikipedia erhalten und ihre Fähigkeiten im Verfassen von Wikipedia-Artikeln verbessert, sondern auch einen wertvollen nachhaltigen Beitrag zur Wissensvermittlung geleistet. Die von ihnen verfassten Artikel blieben alle im Netz und sind nun somit ein wichtiger Bestandteil des digitalen Wissensarchivs. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem PKC, Wikipedia und der Pädagogischen Hochschule machte das Projekt erst möglich und die Studierenden bewerteten das Seminar als äußerst positiv.

Sie waren ebenso voll des Lobes für den Leiter des Seminars, Herrn Volz. Er schaffte es nicht nur, eine großartige Lernatmosphäre zu schaffen, sondern auch immer wieder tiefer nachzufragen und die Leitfrage „Warum?“ zu stellen. Besonders beeindruckend war der Teil des Seminars, in dem er sehr informativ über das jüdische Leben in Freudental und die ehemalige Synagoge sprach. Er motivierte die Studierenden dazu, ihre Augen für die Geschichte ihrer Umgebung zu öffnen, „denn auch diese kann zum Thema des Geschichtsunterrichts gemacht werden“Durch den Besuch der ehemaligen Synagoge in Freudental wurde den Studierenden eindrücklich vor Augen geführt, welchen hohen Wert außerschulische Lernorte für die Geschichtsvermittlung haben können. Die Geschichte wurde hier greifbar und erlebbar gemacht, sodass die angehenden Lehrer (w/m/d) ein tiefes Verständnis für die Bedeutung solcher Orte gewinnen konnten.

Nun werden die Jonglierbälle weggeräumt und der weiße Raum wird wieder zu einem unbeschriebenen Blatt Papier, das darauf wartet, beschrieben zu werden. Und während die nächste Gruppe von Teilnehmern (w/m/d) einzieht, um ihre eigenen Spuren zu hinterlassen, bleibt dieser Raum ein Ort der Erinnerung an all die Geschichten, die hier geschrieben wurden.

Text und Fotos: Lorena Picone, Studentin an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg