1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland – Stationen einer wechselvollen Geschichte
Professor Dr. Stefan Schreiner aus Tübingen hat uns dankenswerter Weise eine ausführliche Zusammenfassung seines zweiteiligen Vortrags sowie bibliographische Hinweise zur Verfügung gestellt. Falls Sie daran Interesse haben, schreiben Sie bitte eine kurze E-Mail an michael.volz@pkc-freudental.de.
1700 YEARS OF JEWISH LIFE IN GERMANY – STATIONS OF A CHANGING HISTORY WITH PROFESSOR DR. STEFAN SCHREINER: The review of Jewish history remains a special socio-political theme. This involves history itself and dealing with it in the sense of historiography. Accordingly, the first afternoon of a four-part lecture series focused on history and historiography.
Der Rückblick auf die jüdische Geschichte bleibt ein besonderes gesellschaftspolitisches Thema. Dabei geht es sowohl um die Geschichte selbst als auch um den Umgang mit ihr im Sinne von Geschichtsschreibung. Dementsprechend thematisierte der erste Studiennachmittag einer hochkarätig besetzten vierteiligen Vortragsreihe beides, sowohl die Geschichte als auch die Geschichtsschreibung.
GESCHICHTE: „Der kürzeste Weg in die Zukunft führt über die Vertiefung der Vergangenheit“, schrieb der martiniquische Dichter und Politiker Aimé Césaire (1913–2008) und beschrieb Geschichte im Sinne von Geschichtsschreibung als eine Funktion der Gegenwart. Sagt sie doch mehr über die Gegenwart ihrer Entstehung als über die Vergangenheit, von der sie erzählt; denn sie sagt nicht, was gewesen, noch – wie Leopold von Ranke (1795–1886) einst wollte – „wie es eigentlich gewesen“ ist. Sie sagt vielmehr, was und wie viel an Vergangenheit / von Vergangenem im (kollektiven) Gedächtnis zu behalten (nötig) ist, um Orientierung für Gegenwart und Zukunft zu haben. Indem sie das Vergangene durch die Brille der Erfordernisse der Gegenwart betrachtet, bestimmt sie zugleich, wie die ausgewählte Vergangenheit zu erinnern ist. All das gilt auch für die jüdische Geschichte und jüdische Geschichtsschreibung, die im ersten Teil des Studiennachmittags Thema ist. Ausgehend von Yosef Hayim Yerushalmi’s Buch Zachor – Erinnere Dich! Jüdische Geschichte und jüdisches Gedächtnis (Berlin 1982; ²1988) ging es in diesem Vortrag darum, ausgewählte Auffassungen von jüdischer Geschichte und Geschichtsschreibung von biblischen Zeiten bis auf die Gegenwart zu rekapitulieren.
GESCHICHTSSCHREIBUNG: Der zweite Teil beinhaltete die Anfänge jüdischer Existenz auf dem Territorium, das heute Deutschland ist. Verbunden sind diese Anfänge ebenso wie die Anfänge des Christentums in diesem Gebiet mit der Ausbreitung des römischen Reiches. Wie in Europas Südosten, auf dem Balkan, reichen sie auch im Westen Europas zurück bis ins 3. / 4. Jahrhundert. Die ersten jüdischen Gemeinden entstanden längs der großen Handelswege an Rhein und Donau. Nach wie vor offen ist allerdings, seit wann sich jüdische Gemeinden auch jenseits der Grenzen des römischen Reiches ansiedeln konnten; sicher bevor iroschottische Mönche das Christentum im (angel)sächsischen Raum zu verbreiten begonnen haben. Spätestens seit karolingischer Zeit spielten Juden eine nicht unwesentliche Rolle im öffentlichen Leben, in Handel und Gewerbe und nicht zuletzt als Vermittler zwischen den Kulturen.
Der Flyer für alle vier Studiennachmittage dieser Vortragsreihe in Freudental, Ulm, Affaltrach und Horb-Rexingen ist als pdf-Dokument abrufbar: