Erinnerung an Suse Underwood

Zweites FLUCHTPERSPEKTIVEN – Wochenende im März 2020

Im Frühjahr haben wir Suse Underwoods Nachfahren, die in Südengland wohnen, für ein Wochenende nach Freudental eingeladen und mit ihnen gemeinsam die Spuren der Kindertransporte und die Umstände der Flucht ihrer Mutter bzw. Großmutter erforscht. Auch hier haben wir noch einmal in der großen Runde mit der uns schon bekannten jungen Geflüchteten diskutiert. Nach diesem sehr eindrücklichen Gespräch spielten die Teilnehmer eine Runde „Ich packe meinen Koffer!“, nur dass die für eine Flucht eingepackten Gegenstände in auf große Plakate gezeichnete Koffer gemalt wurden.

Ganz am Ende wurden die Ergebnisse verglichen  und schnell fiel auf, dass sich die eingepackten Gegenstände in vier große Kategorien einteilen ließen: Geld und wichtige Dokumente, Gegenstände mit emotionalem Wert, praktische Gegenstände, Gegenstände, mit welchen man neue soziale Kontakte herstellen kann. Im Anschluss an diesen sehr arbeitsintensiven ersten Abend saß die Gruppe noch in geselliger Runde bei Spielen und Getränken beisammen.

Am Samstagmorgen widmete sich die Gruppe den Kindertransporten von 1938/39. Eine Power-Point-Präsentation machte den Anfang mit den wichtigsten Informationen, danach wurde eine Zusammenfassung von Suse Underwoods ganz persönlichen Erinnerungen an ihren Kindertransport im Januar 1939 gelesen. Am Schluss wurde der Fluchtweg von Suse, welcher von Heilbronn bis nach London knapp 1000 km misst, mithilfe von Kreppband auf den Boden der Synagoge geklebt.

Nun folgte die größte Aufgabe des Tages: In Zweiergruppen sollten Fotos der Szenen entstehen, die die Teilnehmer vor ihrem inneren Auge gesehen hatten, während sie die Erzählung Suses gelesen hatten. Die Jugendlichen gingen sofort ans Werk und nach nur einer halben Stunde konnte man großartige Ergebnisse bestaunen. Das Besondere hierbei fiel aber erst später auf: auf allen Fotos hatten die Nachfahren von Suse ihre Mutter und Großmutter dargestellt!

Zum Schluss sollte noch eine Idee für die Veranstaltung am nächsten Tag geboren werden, doch dank der großen Kreativität der Teilnehmer war das schnell geschafft. Man teilte die 20 Minuten, die es zu gestalten galt, in drei Teile:

  • GESTERN: Präsentation der Fluchtbilder, die am Vortag gemacht wurden.
  • HEUTE: Flucht ist auch heute noch ein aktuelles Thema!
  • MORGEN: Was würden wir einpacken, wenn wir morgen flüchten müssten?

Bis spät in die Nacht wurde überlegt, wer welchen Part übernehmen könnte, kleine Texte wurden geschrieben und eine Power-Point-Präsentation entstand. Wichtig war vor allem, dass jeder aus der Gruppe einen Beitrag zum Vortrag leistete und wesentlich war auch, das Gelernte gut einzubinden – auf möglichst kreative Art und Weise.

Die Gedenkveranstaltung am letzten Tag lief prima. Nach drei sehr spannenden Vorträgen und viel Applaus von einem bunten Publikum machten sich alle Gäste gemeinsam auf den Weg zum Garten der Erinnerung. Dort wurde zusammen mit Herrn Bürgermeister Alexander Fleig feierlich ein Apfelbaum für Suse Underwood gepflanzt – dies war der emotionale Höhepunkt der Veranstaltung, da vor allem die Nachfahren aus England sehr berührt von dieser Geste waren.