Stiftungsfest zum 40. Geburtstag des PKC

Dr. Michael Blume: „Mit Bildung gegen Antisemitismus“

Viele Menschen kamen am 19. Januar 2025 zusammen, um einerseits den 40. Geburtstag des PKC zu feiern und andererseits die Stiftungsrede von Dr. Michael Blume über die grundsätzliche Aufgabe zu hören, mit Bildung gegen Antisemitismus zu wirken. Die Stiftungsrede sowie die Grußworte sind ganz unten am Ende dieses Artikels abrufbar.

ENGLISH SUMMARY: On January 19, 2025, over 260 guests gathered to celebrate the PKC’s 40th anniversary and hear Dr. Michael Blume’s keynote on combating antisemitism through education. The event began with performances by Hubertus von Stackelberg (trumpet) and Uli Gutscher (piano), who had played at candlelit benefit concerts in the former synagogue during the 1980s.

Chairman Albrecht Dautel welcomed the attendees, referencing a story by Jewish teacher Seev Berlinger about healing historical wounds by building bridges between people. District Administrator Dietmar Allgaier highlighted the PKC’s key milestones, including the German-Israeli exchange, while Israeli guest speaker Gadi Lahav recounted his journey of reconciliation as the son of Holocaust survivors, sharing significant PKC moments like the FAIR PLAY seminar in 2006 and the response to the 2007 desecration of the Freudental Jewish cemetery. Lahav presented a symbolic Tree of Life, encouraging the PKC’s continued growth.

Dr. Blume’s speech linked the number 40 to liberation, reflecting on Germany’s post-war reckoning. He emphasized education’s role in countering antisemitism, praising the PKC’s work with youth and its deliberate choice of the term “Centrum” (with „C“) to avoid negative connotations.

The event concluded with the retirement of long-time head of office Isolde Kufner, who passed a symbolic baton to her successor, Hildegard Gooss. Afterwards, guests enjoyed lively conversations around fire pits with refreshments, closing a meaningful and successful celebration.

Zur Eröffnung spielten mit Hubertus von Stackelberg (Trompete) und Uli Gutscher (Klavier) zwei Musiker, die schon in den 1980er Jahren mit ihrem Ensemble „Ludwigsburger Blechbläser Quintett“ in der ehemaligen Synagoge aufgetreten waren – und zwar bei Benefizkonzerten im Kerzenschein.

Hubertus von Stackelberg (Trompete) und Uli Gutscher (Klavier)

Der erste Vorsitzende Albrecht Dautel begrüßte die über 260 Festgäste in der Schönenberghalle, indem er einen großen Zimmermannsnagel zeigte und dabei an den früheren jüdischen Lehrer Seev Berlinger erinnerte. Dieser hatte – befragt, ob er nach der Nazi-Zeit wieder in Freudental leben wolle – nicht direkt, sondern mit einer Geschichte geantwortet. Darin schlägt ein Vater Nägel in den Türrahmen, wenn er schlechte Nachrichten von seinem Sohn bekommt und zieht Nägel heraus, wenn er Gutes hört. Die Löcher jedoch bleiben. Berlinger interpretierte das so: Nicht in den alten Häusern könne er sich zu Hause fühlen, wohl aber bei den Menschen, die sich im Wissen um die Vergangenheit darum bemühen, Brücken zu bauen. Das ist auch immer noch die Aufgabe des PKC und diese Nachricht haben die Anwesenden auch mit einer ganz besonderen Postkarte mit nach Hause genommen!

Erster Vorsitzender Albrecht Dautel

Landrat Dietmar Allgaier erwähnte als zweiter Vorsitzender etliche Höhepunkte aus den vergangenen 40 Jahren und dankte für die Arbeit und das Engagement aller daran Beteiligten. Er hob die große Rolle des deutsch-israelischen Austauschs und der Freundschaft zwischen den Landkreisen Ludwigsburg und Oberes Galiläa hervor, für die insbesonders Ludwig Bez und Gadi Lahav noch heute stehen. Ein besonderes und starkes Zeichen für diese tiefe Verbundenheit war auch die Teilnahme der israelischen Delegation bei diesem Stiftungsfest.

Landrat Dietmar Allgaier

Es folgte das Grußwort von Gadi Lahav, der als israelischer Zeitzeuge für 40 Jahre PKC sprach und aus ganz persönlicher Sicht und mit vielen Fotos die überaus schwierige Annäherung an Deutschland schilderte, die ihm als Sohn von Holocaust-Überlebenden nur durch das Wirken seines Freundes Ludwig Bez überhaupt möglich war. In seiner emotionalen Rede erinnerte er an großartige PKC-Momente wie das Seminar FAIR PLAY, welches im Jahr 2006 während der Weltmeisterschaft jüdische und arabische Israelis mit Deutschen in Deutschland zusammenbrachte. Andererseits vergaß er auch nicht den Schock, der durch die feige Schändung des Freudentaler jüdischen Friedhofs im Herbst 2007 auch in Israel entstand – damals brach umgehend eine Delegation mit israelischen Schülerinnen und Schülern nach Freudental auf, um bei der großen Gedenkveranstaltung zu sprechen. Zum Abschluss dankte Gadi Lahav ausdrücklich allen, die den Traum des PKC gemeinsam realisiert, die gespendet und auf alle nur denkbare Weise geholfen haben, es zu gründen, es zu bewahren und es kreativ und inspirierend zu betreiben. So konnte dieser Ort wachsen und blühen und die Aufgabe des „Tikkun Olam“ erfüllen, der „Reparatur der Welt“.

Gadi Lahav berichtet vom „cheerful spirit of the Sixties“, der mit den Freiwilligen aus aller Welt in den Kibbutzim Einzug hielt.
Der israelische Gastredner übergibt einen besonderen Etz Chaim, einen Lebensbaum, damit das PKC weiter wachsen und gedeihen möge.

Die feinen Klänge von Trompete und Klavier bereiteten das Publikum auf die Stiftungsrede von Dr. Michael Blume vor, der sich seit 2018 als Beauftragter der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben einsetzt. Gleich zu Beginn unterbrach er seine Rede, um mitzuteilen, dass die angekündigte Freilassung von drei Geiseln aus der Gefangenschaft der Hamas soeben vom Roten Kreuz bestätigt worden war. Das Publikum und insbesondere die israelischen Gäste reagierten darauf mit großem Applaus!

Anlässlich des 40. Geburtstags des PKC fragte Dr. Blume nach der biblischen Verortung dieser besonderen Zahl und erinnerte an den Auszug aus Ägypten. Eigentlich sei diese Strecke zu Fuß durchaus in drei Wochen zu bewältigen gewesen, die ehemaligen Sklaven benötigten unter Moses‘ Führung jedoch 40 Jahre. Ja, so lange braucht es, um eine Diktatur „hinter sich zu lassen“. In Deutschland konnte erst 1985 der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker vom Kriegsende als Befreiung sprechen und damit der Aufarbeitung der Nazi-Diktatur einen ganz entscheidenden Impuls geben.

Dr. Michael Blume bei der Stiftungsrede

Was bedeutet es für das PKC, mit Bildung gegen Antisemitismus zu wirken? Michael Blume bezog sich auf das hebräische Alphabet als der ersten Buchstabenschrift der Welt und dem der jüdischen Religion innewohnenden Anspruch, schreiben und lesen zu lernen, um auch beten zu können. Denn der Neid auf die Bildung sei immer und ist auch heute noch Grund für Antisemitismus, weshalb dieser eben auch besonders unter Gebildeten anzutreffen ist. Mit den pädagogischen Zugängen insbesondere zu Kindern und Jugendlichen und mit den kulturellen Angeboten leiste das PKC hier eine ganz wichtige Bildungsarbeit am authentischen Ort. Und die Wahl der älteren Schreibweise von „Centrum“ bei der Gründung des Vereins zeige auch sprachliches Feingefühl (denn so könne die Abkürzung eben nicht PKZ lauten und an ein Konzentrationslager erinnern). Der Landesbeauftragte gegen Antisemitismus wünschte dem PKC alles Gute für die kommenden 40 Jahre! Der Text seiner Stiftungsrede sowie die von ihm ganz aktuell darin gebrachten Kommentare finden Sie auf seinem Blog zum Nachlesen sowie ganz unten als pdf-Dokument angehängt.

Nun wurde Isolde Kufner vom ersten Vorsitzenden Albrecht Dautel nach fast 25 Jahren offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Sie bedankte sich in ihrer Rede für die schöne Zeit und die besonderen Erfahrungen insbesondere beim aktuellen PKC-Team und erinnerte daran, wie viel sie vom verstorbenen Leiter Ludwig Bez gelernt hatte. Hier hob sie auch die zahlreichen Bildungsreisen hervor. Zum Schluss übergab Isolde Kufner einen symbolischen Staffelstab an ihre Nachfolgerin Hildegard Gooss.

Isolde Kufner blickte anlässlich ihres bevorstehenden Ruhestands auf fast 25 Jahre Mitarbeit im PKC zurück.

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung zum Ständerling vor und im PKC, wo rund um die liebevoll arrangierten Feuerschalen angeregte Gespräche bei Glühwein und Punsch, Schnittchen und Hefezopf geführt wurden. Ein rundum gelungenes Fest!

Hier folgen noch weitere Fotos…

Das Empfangsteam
Ankunft der Gäste, die oft auch langjährige Bekannte sind…
Auch die Partnerschulen sind vertreten, hier das Helene-Lange-Gymnasium aus Markgröningen.
Aktuelle und ehemalige Freiwillige begrüßen die Gäste.
Das PKC-Team: Hildegard Gooss, Michael Volz und Isolde Kufner
Blick ins Stiftungsfest-Publikum in der Schönenberghalle Freudental
Marlis Bez im Gespräch mit den israelischen Gästen
Die Redner gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der vier Jugendbildungsakademien in Baden-Württemberg
Zwei für das PKC prägende Frauen
Beim Ständerling vor der ehemaligen Synagoge