1. FSJ Kultur 2015/16

Gemeinsam mit der Gemeinde Freudental hat das PKC seinen ersten Freiwilligen im FSJ Kultur begrüßt. Lukas Schultze-Melling erarbeitete im Rahmen seines eigenverantwortlichen Projekts das Thema „Freudentaler Fluchtgeschichten früher & heute“. Dafür hat er Interviews mit insgesamt 13 Personen geführt, die nach ihrer Flucht in Freudental eine neue Heimat gefunden haben. Seine Ergebnisse sind in einer eigenen Publikation dokumentiert, die im PKC einsehbar ist.

FIRST VOLUNTEER: Together with the community of Freudental, the PKC welcomed its first volunteer. Lukas developed the theme “Stories of fleeing yesterday & today”. He interviewed 13 people who found a new home after fleeing to Freudental. In his work, he addresses the fate of refugees, the life stories of refugees from the GDR and the reasons for their flight. With this project, Lukas helped to comprehensively present the local history of Freudental.

Zu den hier nachgezeichneten Fluchtschicksalen gehören als erstes die Heimatvertriebenen, die nach 1945 aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten vertrieben wurden und von denen einige in Freudental eine neue Heimat gefunden haben: „Hier bin ich aufgeblüht (als junges Mädchen) und für mich ist Freudental Heimat. Nie würde ich woanders hinziehen.“

Des Weiteren werden die Lebensgeschichten von DDR-Republikflüchtlingen dargestellt. Interessant, welche Kleinigkeiten eine Flucht nötig gemacht haben: In der Schule hatte eine Neunjährige etwas frech vom „Ostzonendreck“ gesprochen, den ihre Familie nicht mehr nötig habe – gemeint waren Bezugsscheine für Lebensmittel. Nach der Einbestellung beim Schulleiter und bei der sowjetischen Kommandantur reiste die Familie 1952 aus der DDR aus. Aus dieser Fluchterfahrung leitet die Interview-Partnerin ab, dass man den heute ankommenden Flüchtlingen zuallererst einmal helfen müsse, weil es ja ein Recht auf Asyl gibt.

Fluchtgründe können auch kriegerische Konflikte, Diskriminierung und politische Verfolgung. Hierzu werden zwei Lebensgeschichten aus dem Kosovo und aus der Osttürkei berichtet. Freiwillig macht sich kaum jemand auf den Weg in die Fremde: „Die Leute kommen für etwas Gutes. Niemand will im Krieg bleiben.“ Die Frage nach der Heimat wird dabei so beantwortet: „Heimat ist überall dort, wo man sich sicher fühlt und wo die Familie ist.“ Dazu gehört auch die eigene, neue Familie, denn Schwangerschaften sind auch heute noch ein vorübergehendes Abschiebungshindernis.

Die meisten Menschen, die im Sommer 2015 nach Deutschland kamen, stammen aus dem Kriegsgebiet Syrien. Auf teils schwierigen und verworrenen Wegen kamen sie bis Freudental. Trotzdem wollen die Gesprächspartner nicht zurück, sondern nach vorne blicken und an ihren Zukunftsplänen arbeiten.

Das eigenständige Projekt „Freudentaler Fluchtgeschichten früher & heute“ ist verknüpft mit dem Vorhaben des Arbeitskreises „Erinnern und Gedenken in Freudental“, die Ortsgeschichte umfassend darzustellen.